Wenige Tage vor dem Erscheinen des Beatles-Klassikers ‚Help’ in Heidelberg geboren, beginnt die Musikkarriere von Tom Rohr eigentlich schon in frühester Kindheit. Auf den Plattenteller der elterlichen Musikkommode kommt ein breit gefächertes Musikprogramm von leichter Schlagermusik, über Operettenmelodien, bis hin zu Elvis- und Beatles-Hits, was den kleinen Tom, zur Freude der Eltern, stundenlang beschäftigt hält. Vaters mit einer knallroten Plastikhaut überzogene Höfner E-Gitarre, ein Relikt aus der Beat-Ära der frühen 60er, kann mangels Kenntnissen zwar nicht wirklich bespielt werden, ist aber für den kleinen Tom die erste Berührung mit der aufregenden Welt des Rock’n’roll.
Man schreibt die späten 70er. Inzwischen aus der badischen Provinz in die Brutstätte des deutschen Rock und ehemalige zweite Heimat der Beatles, Hamburg umgesiedelt, werden die ersten Schritte in Richtung „Walk of Fame“ gemacht. Tom fängt an Gitarre zu spielen und zeigt dabei hohe Musikalität, dennoch steht das Instrument irgendwann wieder in der Ecke. Weihnachten 1982 wird dann die erste Band gegründet, die sich musikalisch an Deep Purple und Black Sabbath orientiert. Tom spielt Bass. Ende der 1980er wird es dann musikalisch anspruchsvoller. Er steigt bei WHY WHY ein, einem Bandprojekt, das anfänglich Popsongs spielt, später aber, nach diversen Besetzungswechseln, zur ProgRock-Band mutiert.
Im Frühjahr 1994 trifft Tom auf den mit einer Ausnahmestimme gesegneten Sänger Guido Goh. Gemeinsam gründet man die SOUTH INDIAN TEA COMPANY, wohl eine der ungewöhnlichsten Bands, die Hamburg jemals hervor gebracht hat. Reichlich unkonventionell, beackert man ein weites musikalisches Feld. Die sechsköpfige Truppe vermischt indisch-orientalische, indianische und auch mal russische Stilelemente, mit Grooves aus dem gerade aufkeimenden Techno, HipHop, Raggamuffin und Drum’n’Bass. Das Ganze wird, ergänzt mit klassischen Rock- und Jazz-Klängen, dann mehrmals durchgerührt. Fertig! Die Band nimmt 1996 das Album VAJRA auf und schaffte es mit einigen Titeln bis in die Top10 diverser amerikanischer College-Radios. Viele Konzerte und Festivals, u.A. mit Nina Hagen, Heinz-Rudolf Kunze und Faithless folgen. Anfang 1999 löst sich die Gruppe auf und man geht fortan getrennter Wege.
Nach dem Band-Split entschließt sich Tom, die Geschicke nun in die eigenen Hände zu nehmen. Es werden erste Songs geschrieben und Demos produziert. Zwischenzeitlich gründet er eine Booking-Agentur und ist als Tourmanager u.A. mit Pop-Ikonen wie Midge Ure(Ultravox), Cutting Crew, Colin Hay(Men at Work), Nils Lofgren(Bruce Springsteens E-Street-Band), Mick Fleetwood (Fleetwood Mac) und Joan Armatrading in Europa und Nordamerika unterwegs. On the road entsteht neues Songmaterial, das dann in den Tourpausen, im heimischen Studio ausgearbeitet wird. Die Songs, musikalisch irgendwo in den Weiten des Pop beheimatet, sind durchzogen von einer bittersüßen Melancholie und schöpfen ihre Kraft aus ausdrucksstarken, fast lyrischen, deutschen Texten.
Tom Rohrs erstes, teils zusammen mit seinem früheren S.I.T.C. Mitstreiter Guido Goh produziertes und von Latin Quarter-Keyboarder und Produzent Steve Jeffries gemastertes Solo-Album SCHWERKRAFT, beinhaltet 12 Songs, die man grundsätzlich dem Singer/Songwriter-Pop Genre zuordnen könnte. Dies würde allerdings viel zu kurz greifen. Die Produktion bedient sich teils druckvoll rockiger Gitarrenriffs, dann wiederum eher elektronischer Sounds, oder Elementen aus dem Dubstep und wie aus heiterem Himmel, ertönen zwischendurch auch jazzige Anklänge. Da treffen ‚electronic Loops’ bisweilen auf Akustik-Klampfen und schwelgerisch weite Soundlandschaften werden von ,sixties‘ Tremologitarren durchpflügt. Dann wieder taucht die WavePop-Melancholie der 80er am dunkel dräuenden Horizont auf, um gleich darauf einer perlenden Pianoballade Platz zu machen. Trotz aller Experimentierfreude und Vielseitigkeit klingt das Album wie aus einem Guss. Verbindendes Element sind die romantisch-philosophisch anmutenden Texte die, nach neuen Perspektiven suchend, unterschwellig eine latente Aufbruchstimmung verbreiten. SCHWERKRAFT ist so etwas wie die Begleitmusik zum vielbeschworenen Zeitgeist. Tief dunkel aber trotzdem euphorisch hoffnungsvoll.